Entzündungsrisiko Bauchfett
Nur dicke Menschen tragen zu viel Fett mit sich herum – diese simple Gleichung geht nicht auf: Es gibt immer mehr „dicke Dünne“, bei denen sich das Fett im Bauchraum verbirgt. Dieses auch Organ- oder Viszeralfett genannte Phänomen ist brandgefährlich. Warum das so ist, wo es sich anlagert, wie es den Stoffwechsel stört, all dies versteht die Medizinforschung erst allmählich genau. Mit der richtigen Diagnostik lässt sich diese tickende Zeitbombe im Körper aufspüren, mit einer Fastentherapie und einer abgestimmten Kombination aus Ernährung und Bewegung lässt sie sich erfolgreich entschärfen. Und wer danach unsere zehn einfach umzusetzenden Tipps beherzigt, gibt dem Viszeralfett keine Chance mehr.
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Die große Gefahr: Viszeralfett
„Ich bin froh, dass ich kein Dicker bin, / denn Dicksein ist ‘ne Quälerei …“ – seit der Rocksänger Marius Müller-Westernhagen 1978 erstmals sein Lied „Dicke“ röhrte, hat sich wenig geändert an der Auffassung, dicke Menschen hätten mehr gesundheitliche Probleme als „dünne Heringe“. Viel Fett auf den Rippen zu haben, gilt in gesundheitlicher Hinsicht als gefährlich. Noch immer müssen sich Menschen mit starkem Übergewicht Sätze wie „Wolltest du nicht abnehmen?“ und Bemerkungen zu ihrer angeblichen Verfressenheit anhören. Werden sie krank, ernten sie oft nur wenig Mitgefühl, stattdessen wird ihnen und ihrer „Disziplinlosigkeit“ nicht selten eine Mitschuld an ihren Beschwerden gegeben.
Die Annahme, dass Übergewicht mit einem größeren Gesundheitsrisiko verbunden sei, ist weit verbreitet. Durch das Verfahren, den Body-Mass-Index (BMI) zu bestimmen, wird diese Sichtweise scheinbar bestätigt (siehe Kasten). Menschen, bei denen der BMI nicht im Soll liegt, so die simple Schlussfolgerung, haben zu viel Fett am Leib. Sie müssen einfach dünner werden, um Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes und Atembeschwerden zu verhindern.
Dass diese Methode viel zu kurz greift, wird immer klarer. Denn mit dem BMI wird nicht nur der Fettgehalt, sondern das Gesamtvolumen eines Körpers erfasst. Menschen mit hohem BMI können einfach kräftiger gebaut sein, sprich schwerere Knochen, viel Körperflüssigkeit und mehr Muskelmasse haben und somit viele Kilos auf die Waage bringen. Zudem ist nicht jedes Fett schlecht, geschweige denn ungesund. Gerade die unliebsamen, da sichtbaren Fettpolster unter der Haut haben als Energiespeicher sogar eine wichtige Funktion. So werden in diesem Fettspeicher unter anderem zwei wichtige Hormone hergestellt: das Sättigungshormon Leptin, das den Appetit reguliert, und das entzündungshemmende Adiponektin, das die Körperzellen empfindlicher auf Insulin reagieren lässt.
Die schlanken Fetten
Auch wenn Reiterhosen und ein ausladender Popo derzeit nicht unserem Schönheitsideal entsprechen, so ist dagegen in gesundheitlicher Hinsicht nichts einzuwenden – zumindest nicht, solange der Kohlenhydrat- und der Fettstoffwechsel normal arbeiten. „Es gibt kein gesundes Gewicht, sondern nur einen gesunden Körper“, stellen die Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. Nicolai Worm und Franca Mangiameli in ihrem neuen Buch „Außen schlank, innen fett“ (Trias Verlag) nüchtern fest. Denn während so mancher Übergewichtige fit wie ein Turnschuh ist, sind viele Schlanke innerlich verfettet und weniger gesund, als sie glauben. In den englischsprachigen Ländern haben solche „schlanken Fetten“ sogar schon einen Namen. Dort werden sie liebevoll „Tofis“ genannt, ein Akronym für die Bezeichnung „Thin on the outside and fat on the inside“. „In Asien zählt nahezu die Hälfte der Schlanken zu den ‚dicken Dünnen‘, in den USA ist es fast jeder dritte Normalgewichtige“, berichtet Worm. Auch hierzulande ist mittlerweile jeder fünfte Normalgewichtige ein solcher Tofi. Bei ihnen sitzt das Fett gut versteckt unter der Muskeldecke, tief in ihrem Bauchinneren, sodass selbst ein Arzt es mit bloßem Auge nicht sehen und kaum ertasten kann. Es lagert sich nicht nur zwischen den Organen an, sondern auch in der Leber, in der Bauchspeicheldrüse, in den Nieren, im Verdauungstrakt, ja sogar in den Muskeln und Knochen. Dieses Viszeralfett, wie Mediziner das Eingeweidefett nennen, ist brandgefährlich. Je mehr sich davon im Körperinneren ansammelt, desto mehr lymphoide Strukturen (Lymphknötchen) entstehen und desto mehr Immunzellen häufen sich an. „Diese plasmazytoiden dendritischen Zellen schütten Botenstoffe aus, die sehr ungünstig mit den umliegenden Organen kommunizieren“, erklärt der Endokrinologe und Diabetologe Prof. Dr. Norbert Stefan, der an der Medizinischen Klinik IV des Universitätsklinikum Tübingen forscht. Das Bauchfettorgan, wie Prof. Stefan es nennt, entwickele sich allmählich zur eigenständigen und funktionsgestörten Hormondrüse. Und da es dann von Blutgefäßen und Nerven durchzogen ist, kann es sich mit dem Stoffwechsel der umliegenden Organe verbinden und deren Funktion massiv stören.
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