Fit im Kopf – ein Leben lang

Älterwerden und dabei gesund bleiben – wer wünscht sich das nicht? Zum Glück stehen heute die Chancen dafür besser als je zuvor. Das betrifft auch unsere geistige Fitness. Wir wissen
inzwischen so viel über die Biologie des Gehirns und was sie beeinflusst, dass wir jederzeit viel tun können, um dieses Organ leistungsfähig und vital zu erhalten. Hirngesund essen und den Alltag gedächtnisfreundlich gestalten, das ist in jedem Alter möglich. Und es kann eine Menge Spaß machen!
In diesem Artikel:
Kennen Sie das auch? Sie wollen rasch ein Päckchen Mehl kaufen, weil Ihnen das gerade beim Backen fehlt – aber dann stehen Sie im Geschäft und wissen nicht mehr, was Sie besorgen wollten. Die schon unzählige Mal getippte Geheimzahl der EC-Karte fällt Ihnen plötzlich nicht mehr ein, und manchmal passiert es Ihnen, dass Sie sehr schwer nachvollziehen können, mit wem Sie in der letzten Woche gesprochen hatten. Vergesslichkeiten wie diese sind ganz normal. Mit mehr oder minder stark ausgeprägtem Gedächtnisverlust hat mit zunehmendem Alter fast jeder zu tun.
Treten solche kognitiven Beeinträchtigungen auf, wächst die Sorge, an einer sich konstant verschlechternden Störung des Gehirns wie Alzheimer oder Parkinson zu leiden. An Demenz zu erkranken, davor fürchtet sich laut einer Forsa-Umfrage vom November 2021 mehr als die Hälfte aller Menschen in Deutschland. „Diese Angst kommt nicht von ungefähr, denn Alzheimer betrifft unser Gehirn, unser Gedächtnis, unsere gespeicherten Lebenserinnerungen und damit unsere ureigenste Persönlichkeit“, schreibt Prof. Dr. Bernd Kleine-Gunk, einer der weltweit führenden Anti-Aging-Mediziner, in seinem Buch „Jung bleiben ist Kopfsache“ (siehe Buchtipp Seite 22). „Die Diagnose Alzheimer ist gleichbedeutend mit einem langsamen Abschiednehmen vom eigenen Ich. Und wer sein Gehirn verliert, der verliert sich selbst.“ Die gute Nachricht: Das Risiko, an einer schwerwiegenden Störung des Gehirns zu erkranken hängt – neben einer genetischen Veranlagung – sehr stark vom Lebensstil ab. Und der lässt sich steuern und zum Positiven verändern.
Häufige Störungen des Gehirns
Demenz: Dieser Begriff fasst Krankheiten zusammen, die mit einem kognitiven Zerfall einhergehen, weil Gehirnzellen sterben. Dadurch können Signale nicht weitergegeben werden und das
Gedächtnis funktioniert nicht mehr richtig.
Alzheimer: Spezielle Form der Demenz. Die genaue Ursache für die bisher unheilbare Erkrankung ist unbekannt, man vermutet aber, dass sie einerseits durch Ablagerungen von Beta-Amyloid im Gehirn (amyloide Plaques), andererseits durch abnormale verknotete Fasern an den Tau-Proteinen (Tau-Fibrillen) verursacht wird.
Parkinson: Verlust von Neuronen in jenem Gehirnbereich, der vor allem für die Bewegung zuständig ist. Das Gehirn erzeugt nicht genug Dopamin, das für die Kontrolle der Bewegung notwendig ist.
Schlaganfall: Hirnzellen sterben, weil durch ein Blutgerinnsel oder eine Blutung die Blut- und damit die Sauerstoffversorgung des Gehirns unterbrochen wird.
Die Gehirnleistung verändert sich
„Natürlich altert unser Gehirn, und selbstverständlich kommt es dabei auch zu Funktionseinbußen“, betont Prof. Kleine-Gunk. „Aber unser Gehirn ist ein überaus komplexes Organ mit vielfältigen Funktionen. Alterungsprozesse verlaufen hier mit verschiedenen Geschwindigkeiten. Manche Teilfunktionen sind bereits sehr frühzeitig betroffen. Manche altern so gut wie gar nicht. Und einige – das ist nun tatsächlich eine neue Erkenntnis – entwickeln sich sogar bis ins hohe Alter weiter.“ So können ab 40 zwar Lücken im Kurzzeitgedächtnis, beim logischen Denken und in der Wortfindung auftreten, die Konzentrationsfähigkeit und die Aufmerksamkeitsspanne ist in dieser Zeit aber am höchsten. Zudem verbessert sich die Fähigkeit des Gehirns zur Steuerung von Emotionen und zur Empathie. Um die 50 erreicht das Wissen seinen Höhepunkt. Neue Informationen werden besser verstanden und verarbeitet als jemals zuvor oder danach. Jenseits der 60 sind schließlich die sprachlichen Fähigkeiten besonders gut.
Ebenfalls noch nicht lange bekannt ist, dass selbst im Erwachsenenalter neue Gehirnzellen gebildet werden. Diese Neurogenese vollzieht sich im Hippocampus, einem Bereich tief im Inneren des Gehirns, der Erinnerungen sammelt und speichert und damit für das Gedächtnis und die Fähigkeit zu lernen entscheidend ist. „Wir können in jedem Lebensalter neue Gehirnzellen wachsen lassen, auch noch mit 60, 70 oder 80 Jahren“, erklärt die Neurowissenschaftlerin Dr. Kristen Willeumier in ihrem Buch „Biohacking fürs Gehirn“ (siehe Buchtipp). Sie erforscht seit Jahren, wie sich das Gehirn nach Verletzungen oder bei degenerativen neurologischen Erkrankungen wieder erholt. Wie wir schlafen, wie wir uns ernähren, wie körperlich und geistig aktiv wir sind, ob wir sozial gut eingebunden sind oder auch welche mentale Einstellung wir haben, all dies beeinflusst, was sich in unserem Gehirn abspielt und wie geistig rege wir durchs Leben gehen. Auch bestimmte Umweltgifte können das Gehirn schädigen, Nahrungsergänzungsmittel und pflanzliche Präparate zu seiner Gesunderhaltung beitragen. „Der Tod von Gehirnzellen ist ein entscheidendes Merkmal der Gehirnalterung“, sagt Willeumier, „und je besser Sie in der Lage sind, diesen Prozess zu verlangsamen oder umzukehren, desto jünger ist Ihr Gehirn.“
Lesen Sie den vollständigen Beitrag in Ausgabe 4/2022 von natürlich gesund und munter.
Foto: Alexandre Zveiger, Anita Ponne / beide shutterstock