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Klostermedizin - Heilen mit Gottes Kräutern

Im „finsteren“ Mittelalter war die klösterliche Heilkunde die bestimmende Medizin. Ordensmänner und -frauen bauten Heilpflanzen für alle möglichen Leiden in ihren Klostergärten an und erwarben sich enormes Wissen über Wirkung und Anwendung dieser Kräuter. Erst in jüngster Zeit enthüllt sich, was die moderne Phytotherapie ihnen verdankt.

Der Kräutergarten des Franziskanerklosters Oberzell am Stadtrand von Würzburg sieht anders aus als erwartet. Seine rund 100 Heilpflanzen sind nicht in rechteckige oder quadratische Beete gezwängt, sondern verteilen sich frei auf der 300 Quadratmeter großen Anlage, durch die sich schmale, mit Bruchstücken von Schieferplatten belegte Wege schlängeln. Die Apothekerin Katharina Mantel, die sich hauptverantwortlich um einen der größten und bekanntesten Klostergärten Deutschlands kümmert, liebt es, dass hier vom Frühling bis weit in den Spätherbst immer und überall etwas blüht.

Dieser Lehrgarten ist ein wahrer Garten der Sinne, der belebt, betört und bezaubert. Blüten und würzige Blättchen laden zum Schnuppern ein, Verse und Sinnsprüche auf Schieferplatten zum Meditieren. Im Frühling haben überall die Schlüsselblumen geblüht, an der Mauer, hinter der gleich der Main fließt, sprossen zart die Minzen – beides Zutaten für die Kräutertees. Jeden Frühsommer breiten sich Zitronenmelisse und Breitblattkresse ebenso über das Gelände aus wie Liebstöckel, Brennnessel und Gänseblümchen, alles Kräuter, die in den Klostersalat gehören. Die Ringelblumen und das Johanniskraut, die beiden Heilpflanzen, die im August blühen, werden für die Zubereitung von Ölen und Salben benötigt.

Vor mehr als 35 Jahren hat Schwester Leandra Ulsamer den Garten angelegt. Seit Katharina Mantel 2021 die Leitung des Gartens von ihr übernommen hat, wählt sie jedes Jahr aus dem großen europäischen Arzneischatz der Klostermedizin ein neues Heilkraut aus, das sie in den Kräutergarten integriert. So sind zum Beispiel Süßholz, Damaszener Rose und Erdrauch hinzugekommen. Im letzten Jahr habe sie erstmals den Heilziest angebaut, erklärt sie. „Im Mittelalter war diese Pflanze für die Schmerztherapie von zentraler Bedeutung.

Klosterrezept gegen Kopfschmerzen

Jeweils 1 Bund Gundermann, Wermut, Tausendgüldenkraut, Rübe, Andorn, Beifuß, Wegerich und Dill in einem großen Kessel mit Wasser erhitzen und auf die Hälfte einkochen lassen. Einen mit dem Sud getränkten Umschlag lange auf den Kopf legen.

Wie die Klostermedizin begann

Was sich heute kaum jemand vorstellen kann: Beliebte Heilpflanzen wie Kerbel, Salbei und Minze waren im frühen Mittelalter diesseits der Alpen noch nicht heimisch. Karl der Große (747–814) brachte die mediterranen Pflanzen nach der Teilung des Römischen Reiches über die Alpen zu den damals noch unzivilisierten Barbaren. Weil der Kaiser die Arzneien der Antike bewahren wollte, verpflichtete er im Jahr 812 die Krongüter und Klöster, in ihren Gärten 16 mediterrane Kräuter zu pflanzen. Glücklicherweise sorgte eine Wärmeperiode dafür, dass sie gut gediehen – und heute in vielen Kräutergärten wachsen.
Der Benediktinermönch Walahfrid Strabo (807–849), der spätere Abt des Klosters Reichenau, hat in seinem Lehrgedicht „Hortulus“ 24 Heilkräuter in Versform beschrieben. Die Natur- und Pflanzenliebhaberin Katharina Mantel ist immer wieder erstaunt, mit welcher Freude, Poesie und sprachlichen Gewandtheit der heilkundige Mönch die Kräuter in seinem Werk dargestellt hat. Während heute Pflanzen rational und sachlich eingeordnet würden, habe Walahfrid sie mit allen Sinnen wahrgenommen. Fenchel beispielsweise war eine Pflanze, die damals im Kräutergarten auf keinen Fall fehlen durfte. Über das gelb-weiß blühende Kraut, das in allen wichtigen Werken der Klostermedizin (siehe Kasten Seite 37) erwähnt wird, schrieb Walahfrid:

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Foto: Liudmila Chernetska / iStock.com