Zirbe – Duftender Schatz der Alpen
In hochalpinen Regionen wächst ein ganz besonderer Nadelbaum: die altehrwürdige Zirbe, auch Arve oder Arbe genannt. Der aromatische Duft ihres Holzes wirkt entspannend und beruhigend, bringt warme Wohlfühlatmosphäre in Innenräume und kann sogar den Schlaf fördern.
Bei Wanderungen in den Hochalpen trifft man immer wieder auf bizarre, freistehende Bäume, die allen Wettern zu trotzen scheinen, die Zirben. Die schönsten Exemplare findet man im Gebirge an der Waldgrenze, wo die Gewalt des Windes und des Wetters die außergewöhnlichen Bäume malerisch verformt hat. „Mächtig, uralt, vielleicht sogar weise, etwas, zu dem man als Kind ehrfürchtig aufschaut und das man als Ältestes der Landschaft respektiert“, so beschreibt der österreichische Chronobiologe Prof. Dr. Maximilian Moser seine ersten Kontakte mit den Zirben. Die stille, bergbäuerliche Landschaft der Niederen Tauern prägte seine Liebe zur Natur, besonders aber zu den „wunderschönen, ausgewachsenen und gereiften Wetterzirben“, zu denen er eine starke Bindung entwickelte. Auch den wohlriechenden, charakteristischen Duft des Holzes entdeckte Maximilian Moser schon als Kind.
Die Zirbe
(Pinus cembra)
Die Zirbe ist ein immergrüner Nadelbaum aus der Familie der Kiefern und gilt als frosthärteste Baumart der Alpen, da sie Temperaturen bis -40 °C aushält. Sie wächst in Höhenlagen von 1300 bis 2800 Metern, wird bis zu 25 Meter hoch und mehrere 100 Jahre alt. Sie wächst vor allem in den Zentralalpen und in den Karpaten. Im schweizerischen Unterengadin liegt der höchstgelegene geschlossene Zirbenkiefernwald, der Wald von Tamangur. Zirben wachsen sehr langsam und sind erst im Alter von 40 bis 60 Jahren fruchtfähig. Junge Bäume haben einen geraden Stamm mit einer silbergrauen Rinde, der in einer schlanken Krone endet, ältere dagegen haben oft einen krummen Wuchs und viele tiefe Äste, vor allem wenn sie dem Wind ausgesetzt sind. Die Borke von älteren Bäumen ist graubraun mit Längsrissen, innen ist die Rinde rötlichbraun. Die Besonderheit der Zirbelkiefer ist, dass ihre Nadelbüschel jeweils fünf biegsame Nadeln tragen, die fünf bis elf Zentimeter lang werden und nach vier bis sechs Jahren vom Trieb abfallen.
Dieses sanfte Aroma begegnet einem in den Alpenregionen auch in den typischen, heimeligen Zirbenholzstuben. Maximilian Moser hat sein großes Wissen über Bäume in mehreren Büchern zusammengetragen (zum Beispiel „Die Kraft der Zirbe“, Servus Verlag) und erzählt: „Auf einer Alm kam ich einmal an einer provisorischen Gaststätte vorbei, die mit Zirbenholz verkleidet war. Aus dem Innenraum hörte ich eine große Menschenmenge, die sich lebhaft unterhielt und anscheinend eine ‚Mordsgaudi‘ hatte. In Erwartung von mindestens 30 Personen öffnete ich die Türe: Sagenhafte vier Personen saßen um einen Tisch herum. Das war Extraversion pur. Ob diese Redefreudigkeit allerdings der Zirbenverkleidung oder doch dem ausgeschenkten Zirbenschnaps zu verdanken war, konnte ich nicht mit letzter Sicherheit klären.“
Sowohl der unverwechselbare, entspannende Duft als auch der warme Holzton der Zirbe verleihen solchen Stuben ihre wohlige Atmosphäre. Zirbenholz bewahrt sein charakteristisches Aroma über Jahrzehnte, nachdem die Bäume gefällt wurden.
Warmer Holzcharakter mit Schutzfunktion
Das frisch geschlagene Holz der Zirbe ist relativ hell, erst nach einiger Zeit dunkelt es nach und changiert farblich von hellrötlich bis hellbraun. Die Jahresringe sind deutlich zu sehen und viele relativ große Harzkanäle zu erkennen. Typisch sind die eingewachsenen, dunkelrotbraun gefärbten Äste, die dem Holz eine dekorative Struktur verleihen. Diese zahlreichen, festverwachsenen Äste der Zirbe bedeuten für das Holz keine Qualitätsminderung. Im Gegenteil – durch die dunklen Äste ergibt sich eine besonders schöne Zeichnung. Aus dem unverkennbaren Holz entstanden in Wirtshäusern Zirbenholzstuben oder sogar komplette Almhütten.
Zirbenholz lässt sich leicht bearbeiten, da es weich und leicht ist und einen gleichmäßigen, feinen Aufbau besitzt, es lässt sich gut spalten und schnitzen. Wegen der lebhaften Zeichnung wurde es im Alpenraum lange Zeit als Möbelholz für Bauernküchen und Schlafzimmer genutzt. Besonders langlebig sind die Möbelstücke, wenn dafür möglichst mehrjährig luftgetrocknetes Holz verwendet wird. Dieser Trocknungsprozess kann vier bis fünf Jahre dauern. Die antimikrobielle und antimykotische, also pilzhemmende Eigenschaft des Zirbenholzes ist ein weiterer Grund, es für den Bau von Möbelstücken zu nutzen. Der im Kernholz enthaltene Stoff Pinosylvin, ein ätherisches Öl, schützt nicht nur das Holz selbst vor Bakterien, Pilzen und Krankheitserregern, sondern hemmt auch stark die Larvenentwicklung von Kleidermotten. Somit ist sowohl das Holz als auch das daraus hergestellte Zirbenöl ein hervorragendes natürliches Anti-Motten-Mittel. Außerdem zeigen Schneidbretter aus Zirbenholz die höchste antibakterielle Wirkung aller untersuchten heimischen Hölzer.
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Foto: Chamois huntress / AdobeStock.com